Terrorist oder Freiheitskämpfer?

VIER PHASEN DER GEWALT

Maximilian Mitera | Die ROMI-Methode®

In der Vergangenheit wurde ich oft an eine Aussage eines „entweder oder Extremisten“ erinnert: „Wenn das Blut eines Familienmitglieds fließt, ändert dies alles.“.

Die Bilder, von einem mobilen Amoklauf in Deutschland, bei dem ich mit meinem Team vor Ort eingesetzt war, haben mich nie wieder losgelassen und ich glaube, ich kann für alle Beteiligten sprechen, wenn ich sage, dass nach diesem Tag für alle Hinterbliebenen der Opfer sowie des Täters und aller Einsatzkräfte alles anders war.

Das folgende Verständnis ist eine wesentliche Voraussetzung, um den Weg hin zur Gewalt verstehen, erkennen und unterbrechen zu können: Kein Mensch wird böse und als Mörder, Terrorist oder Rechtsbrecher geboren.

Der Weg der Gewalt - oder der Code der Gewalt[1] – ist eine Art selbstlernender Algorithmus, der charakteristische und phänomenbezogene Warnhinweise in der Historie und Gegenwart aufweist und mindestens drei deutbare Prognosen für die Zukunft zulässt: Es wird besser, schlechter oder es bleibt gleich.

Beispiel: Wenn Mördern zu Helden werden, sollten Warnsignale rot aufleuchten:

  • wie bei der palästinensischen Autonomiebehörde, welche Judenmörder verherrlicht und finanziell belohnt[2] oder
  • wie im Umfeld der Muslimbruderschaft, wo bei aktuellen Durchsuchungsmaßnahmen „Feindeslisten“ gefunden wurden, die die Aktivität eines Geheimdienstes der Muslimbruderschaft vermuten lässt, der im Verdacht steht, unbequeme Personen beseitigt zu haben und weitere beseitigen zu wollen[3],

Das Aufleuchten einer roten Warnlampe reicht allein nicht aus. Vielmehr muss die verborgene Entwicklung einer anwachsenden Gewaltsituation über vier Phasen sichtbar gemacht werden. Grün – Einstiegsphase, Gelb – Beschäftigung mit Gewalt, Rot – Vorbereitungsphase und Schwarz – Tatphase. Die Zuordnung von Warnhinweisen in vier Phasen der Gewalt und die Analyse des Gesamtbildes ermöglichen das Erkennen von Verantwortung und Zuständigkeit, was die Voraussetzung für eine belastbare Einflussnahme darstellt. Es ist wichtig, dass rechtzeitig in die ursächlichen Phasen eingegriffen wird, da wie eingangs festgestellt, kein Mensch als Mörder geboren wird. Dagegen treibt Hetze und Manipulationen Spaltungsprozesse voran und was somit auch zu einer Mitverantwortung für spätere Gewaltentwicklungen beiträgt.

Die Frage ist: Wie wird ein Kind, ein Jugendlicher, ein Erwachsener unserer Gesellschaft zu einem hassgetriebenen feigen Mörder?

Emotionale Verhaltensweisen, wie Verachtung, Wut und Ekel lassen selbst vermeintlich Rechtschaffene zu Tätern werden und wenn diese drei Emotionen nicht reguliert werden oder sich zuspitzen, können emotionale Eskalationen zu Perspektivlosigkeit, erhöhter Risikobereitschaft und zu seelischen und körperlichen Katastrophen führen. Treffen obendrauf die eigenen Gewaltfantasien auf „Dark-Nudging“ – subtile Beeinflussung von Dritten, so können Schlüsselmomente, wie Abschiebungen und / oder Behördenkonflikte, Tatabsichten auslösen.

Nach dreißigjähriger Erfahrung in spezialisierten Einheiten verschiedener Sicherheitsbehörden, insbesondere, im Bereich internationaler Extremismus und Terrorismus bin ich davon überzeugt, dass auch in der Wiener Tatnacht, am Montag, den 2. November 2020, nur durch das professionelle und schnelle Eingreifen der Sicherheitskräfte in Verbindung mit dem besonnenen Verhalten der Bevölkerung, eine wesentliche höhere Anzahl an Opfern verhindert werden konnte. Der Täter musste gestoppt werden, weil er Jagd auf Menschen gemacht hatte. Er wollte so viele Menschen wie möglich ermorden. Sobald derartige Taten starten, ist das Warum zunächst sekundär, sondern der oder die Täter müssen kampfunfähig gemacht werden.

Bei dieser Art der Gewalt handelt es sich, gemäß der von mir entwickelten Methode, um die letzte Phase – Schwarz / die Tatphase, bei der der Täter sich über drei vorangegangene Phasen dahingehend verroht hatte, um derartige Taten überhaupt ausführen zu können. Wenn ein extremistischer Täter in einer solchen Phase den „point of no return“ überschritten hat, dann befindet dieser sich in einer Art „Tunnelblick der Tat“ und muss von möglichen Opfern getrennt bzw. handlungsunfähig gemacht werden.

Der Terrorismus hat viele Gesichter und die Stigmatisierung des vermeintlichen Bösen, in Islamisten, Rechte, Linke, die da oben oder unten seien die Schuldigen, ist oft ursächlich für weitere Gewaltspiralen an dessen Ende sich weitere schockierende Katastrophen wiederholen können.

Denken Sie daran, dass Opfer von Gewalt selten die Chance haben, die wahren Absichten der Täter zu erkennen und wenn doch, so sorgt oft die Hoffnung auf ein gutes Ende, die Grenze des Ertragbaren zu erhöhen.

Die gesellschaftliche Verantwortung beruht nicht darauf, zukünftige Täter ausfindig zu machen, sondern, Täter erst gar nicht entstehen zu lassen.

[1] (((Polarisierung X + Separierung Y) + (geeignetes Opfer A + geeigneter Täter B + geeigneter Zeitpunkt Z) x Impulsivität I) + Sicherheitsdefizit C) x Entmenschlichung x (Emotionalität E + Verrohung V) = Gewalt G

  • Gewalt, wie Extremismus und Terrorismus, am Beispiel vieler blutiger Anschläge, ist im Ursprung eine logische Folge von Selektierung und Entmenschlichungen.
  • Selbst wenn zu Beginn, einer Bewegung, Gewalt abgelehnt wird, ermutigt die Polarisierung und Entwertung immer mehr dazu, Gewalt gegen andere zu rechtfertigen.
  • Siehe auch Over- und Underprotecion!

[2] Mohammed Tarayra, der die 13-jährige Hallel Yaffa Ariel in ihrem Kinderzimmer im Schlaf erstach.

  • Die Cousins Hakim und Amjad Awad, die 2011 in Itamar die Familie Fogel in ihrer Wohnung im Schlaf ermordeten: die Eltern Udi and Ruth Fogel, den elfjährigen Yoav, den vierjährigen Elad und die drei Monate alte Hadas. Die palästinensische Autonomiebehörde unter ihrem Präsidenten Mahmud Abbas preist auch diese beiden Mörder als „Helden“.
  • Allein die Terroristen, die an dem Bombenanschlag auf die Jerusalemer Pizzeria Sbarro beteiligt waren, bei dem am 9. August 2001 15 Menschen ermordet wurden (darunter acht Kinder), haben Berichten zufolge seither von der palästinensischen Autonomiebehörde fast eine Million Dollar an Belohnung kassiert.
  • Die Fatah-Terroristin Ahlam Tamimi, die Drahtzieherin des Anschlags, erhielt über 50.000 Dollar (es wäre viel mehr, wenn sie nicht 2011 im Zuge des Gefangenenaustauschs zur Freilassung des entführten Gilad-Shalit auf freien Fuß gesetzt worden wäre), der Bombenbauer Abdullah Barghouti mehr als 200.000 Dollar.

[3] die Ermordung des Richters Ahmed Al-Khazindar und der beiden ägyptischen Premierminister Ahmed Maher und Mahmoud Fahmy Al-Nuqrashi sowie die anderer Funktionäre und Politiker in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts

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