Heraklit: der Charakter ist Transformationsschicksal - Auflösung des Kulturmythos

Es ist möglich seinen Charakter zu verändern, genauso wie sein Bewusstsein, denn beides hängt eng zusammen. Aber es ist schwer und man muss mehr Zeit und Ressourcen veranschlagen, als man gewöhnlich zur Verfügung hat.
Heraklit behauptete „Charakter ist Schicksal“. Damit hat er nicht sagen wollen, dass mit der Geburt oder Gründung einer Organisation das Schicksal besiegelt ist. Doch jedes Geschöpf, jede Gestalt bleibt auf seine Grenzen und Möglichkeiten fixiert, auch wenn es hier und da Grenzüberschreitungen gibt.
Als ich in die Midlife Crisis kam reflektierte ich sehr gründlich, wer ich im Grunde bin und suchte hierfür Theorien, denn es gibt bekanntlich nichts Praktischeres als eine gute Theorie, s. Kurt Lewin. Es war ungemein bereichernd mein Leben aus der Perspektive dieser Modelle zu beleuchten, die meinen Charakter beschreiben wollten.
Ich stellte in der Arbeit mit meinem Führungskräfte-Coach z.B. fest, dass mein Charakter invers zu dem Charakter des damaligen Konzerns war, für den ich arbeitete. Während der Konzern dominant-sicherheitsorientiert war (Veränderung, was ist das?) strebe ich „natürlich“ dominant-stimulant Neuem entgegen, auch wenn dies mit Gefahren verbunden ist. Weitere Reflektionen zeigten mir, dass die Organisation, in der ich arbeitete nach Innen hört, ihre Kraft von dort bezieht ("Kundenorientierung, was ist das?). Zudem orientiert sich das Bewusstsein der Firma an harten Fakten, gegenwarts- und vergangenheitsorientiert (Innovation, was ist das?). Zudem agiert die Firma eher fühlend, als logisch und unentschieden organisiert oder chaotisch.
Wenn Menschen über Kulturen sprechen frage ich mich immer, was das genau sein soll, wie bei der Seele. Als Psychologe, Organisator, Soziologe ist mir Kultur zu vernebelt. Ich rede lieber von einem Bewusstsein, welches durch NeuroScience zunehmend entschlüsselt ist. Und die Bestandteilte, die Funktionen des Bewusstseins (Bild) agieren unterschiedlich, scheinen bei jedem Menschen unterschiedlich stark motiviert, gelernt, ausgeprägt zu sein. Das verstehe ich unter einem Charakter.
Wenn ich mit oder in Firmen arbeite, dann mache ich immer einen Test, welchen Charakter die Firma hat. Das hat mich schon vor einigen Überraschungen und vor unrealistischen Entwicklungserwartungen bewahrt.
Dazu setze ich unterschiedliche Verfahren ein. Die Bewertung des emotionalen Energieschwerpunktes, der Limbic Test nach Dr. Häusel zeigt an, in welche Richtung der Mensch oder die Organisation strebt. Die meisten reifen Unternehme streben erfolgsverwöhnt am Ende ihres Lebenszyklus dominant, sich selber mit hoher Energie bewahrend in eine Position, die regelmäßig von Startups und Konkurrenten mit Innovationen disruptiv ausgenutzt wird. Alte Menschen und alte Firmen sind selten stimulant. Keine Experimente heißt es da oft. Und wenn es keinen Bedarf mehr für die veralteten Produkte gibt, dann ist der Lebenszyklus damit zu Ende.
Seine typologischen Stärken (Chancen) und Schwächen/Verbesserungspotentiale (Risiken) zu kennen gibt Kraft und ein Gefühl, dass man besser steuern kann („Eigen-Kybernetik“). Man ist nun besser auf seine Handlung im Kontext mit der Umwelt vorbereitet. Das Schicksal, die Entwicklung wird zum Freund, mit der man experimentieren kann. Und genau auf diese Position kommt es nun in der grundlegendsten sozialen Wandlung aller Zeiten, der Digitalisierung an. Ob man das produktiv adressiert oder wie viele das noch aggressiv-passiv ignoriert.
Schicksal Innovation

Die Kenntnis des eigenen Charakters, egal als Mensch oder Organisation bietet enorme Vorteile in
a) Schwächen vermeiden: Heraushalten aus Projekten oder Geschäftsbereichen, die eine Organisation nicht beherrscht oder Stressgefühle bescheren
b) Schwächen kompensieren: Ressourcen von aussen heranführen (ich machte das bei Bayer durch einen offenen Innovationscampus in den auch Key Supplier eingebunden waren; das Innosci Programm des Stifterverbandes fördert wertvoll OpenInnovation, OpenScience)
c) Neue Stärken entwickeln: Entwicklungsstrategien entwickeln, Schwächen kompensieren. Unternehmen, welche ihre Chancen und Risiken zum Beispiel schneller erkennen und besser managen wollen führen die ROMI-Methode mit Tool dem von eXsolut ein und das Management fokussiert über den Leitstand auf die Zukunftsthemen (das Sein prägt das Bewusstsein)
d) Vorhandene Stärken betonen: Sinn, Ressourcen, Kommunikation konsequent auf den Charakter-Strom ausrichten (Sweet Spot)

Das Problem dabei ist, dass der eigene Charakter uns Fallen stellt, was direkt gesagt die Begründung (WHY) der ROMI Transformationsleistungen ist. Beispiele:

  1. Eine extravertrierte, an Sinneswahrnehmungen (erinnern sie sich an die 4 Wahrheitsebenen?) orientierte Person oder Organisation widersetzt sich internen Programmen, die zur Weiterentwicklung notwendig sind. Der Blick auf die eigenen internen Kräfte und Strukturen ist für ein reiferes Bewusstsein zu fördern.
    Hierzu meine persönliche Geschichte: mehrere Jahre kämpfte ich in meinen Glaubenssätzen für den Fortbestand meiner ersten Ehe. Als mir mein Coach einen mehrtägigen ZaZen Aufenthalt in einem Kloster empfahl entdeckte ich dort, dass ich in den übernommenen Glaubenssätze „bis dass der Tod euch scheidet“ Unheil förderte, da ich etwas zusammen halten wollte, was nicht zusammen passt. Dieses Bewusstsein für die interne Arbeit in mir hat mich die Situation nach jahrelangem Kreisen lösen lassen.
  1. Ein logisch, analytisch dominierte Charakter möchte eine positivere Einstellung für eine notwendige Transformation erklären. Statt immer wieder die Logik zu adressieren müsste ein besseres Verständnis für die Sorgen und Hoffnungen der Menschen entwickelt werden.
    Auch hier eine private Geschichte. Als junger Berater arbeitete ich streng logisch und war überrascht, dass unsere Konzepte nicht die Ergebnisse brachten, die erwartet waren. Wir hatten mit der Logik für die passenden Aufgaben eine logisch passende Organisation mit modernster Technik entwickelt, doch der Mensch wollte nicht einfach der geschulten und motivierten Logik folgen. Es war erkennbar, dass der Mensch regelmäßig der Flaschenhals in Transformationen wird. Daher studierte ich noch einmal AO Psychologie und NeuroScience, um meinen stark logisch geschulten Charakter in Richtung Fühlen, Emotion zumindest etwas drehen zu können. Heute arbeite ich mit Menschen zusammen, die in Change Prozessen besonders auf den Menschen achten und meine analytische Dominanz kompensieren (s. oben, Schwächen kompensieren)
  2. Ein introvertierter auf die Sinneswahrnehmung fokussierter Charakter erkennt vermutlich als letztes die Notwendigkeit einer digitalen Transformation. Nach meiner Beobachtung haben fast alle deutsche Konzerne und auch die Politik, die Wissenschaft und besonders das Rechtssystem diesen Charakter. Wir dürfen uns also nicht wundern, dass wir ohne Kompensation durch „verbindende Sinnräume“ mit ROMI-Zukunftsfunktion in der bereits verschlafenen Digitalisierung verloren gegangenen Boden gut machen. Stattdessen sind wir im Glauben unserer ehemaligen technologischen Spitzenfunktion technokratisch, also mit fehlendem systemischen Bewusstsein in uns selbst gefangen. Wir reiten das tote Pferd solange weiter bis der Verwesungsgestank unerträglich wird. Gefangen im Schicksal des Charakters.

In der Kenntnis des eigenen Charakters liegt der Schlüssel für die Vermittlung eines anschlussfähigen Transformationsplans.

Schwenken wir noch einmal zu Piaget, der sehr viel Licht zur Frage der Adaption auf Umweltänderungen von Menschen und damit auch Organisationen gab.
Ändert sich die Umwelt wie gerade noch nie zuvor, dann spielen Menschen und Organisationen 3 Alternativen.
A. Stolze Ignoranz: Hier bewegen wir uns noch vorwiegend. Weltmeister bleiben Weltmeister ist der Glaubenssatz vieler. Wir haben noch alles geschafft, obwohl unsere Geschichte Phönix aus der Asche gerade einmal 75 Jahre alt ist
B. Assimilation: Änderungen der Umwelt erzwingen, dass wir enorme Ressourcen zur Aufrechterhaltung des eigenen Charakters in Struktur und Handlung aufwenden. Das sahen wir bei CORONA, dem Hochwasser und besonders jetzt im aufgezwungenem Krieg des Regimes Putins (100 Mrd).
C. Akkommodation: die Umweltänderungen werden systemisch als Chance und Risiko erkannt und durch Systemänderungen (Transformation) methodisch gemeistert. Erkannte Risiken werden ehrlich adressiert und nicht wie durch Assimilation und Ignoranz regelmäßig wie bei uns zu Krisen und Katastrophen.

Jeder Mensch und jede Organisation ist durch seinen Charakter gleichzeitig im Vor- wie auch im Nachteil. Die Kenntnis des eigenen Charakters hilft die passende Strategie zu finden Schwächen zu schwächen und Stärken zu stärken. Die Kenntnis des Charakter ist auch unbedingt notwendig, um eine unausweichliche Transformation, wie sie derzeit von uns allen verlangt wird realistisch und kommunizierbar zu adressieren. Nehmen wir Deutschland insgesamt, so erkennt man, dass wir in unserem Charakter gefangen sind und weiter auf Ignoranz und Assimilation spielen. Es gibt in Deutschland keine passende Methodik Chancen und Risiken rechtzeitig methodisch zu erkennen und zu adressieren. Wir sind einzig als Rechtssystem in unserer Höhle programmiert und wundern uns naiv, was zunehmend lächerlich wirkt, warum wir was wie falsch machen.

Im ROMI Institut sammeln wir Methoden und Techniken zur Bestimmung des eigenen Charakters und Cases, wie man daran scheitert (Lernen durch die Fehler anderer) oder wie man durch eine der Strategien Schwächen schwächen und / oder Stärken stärken seine charakterlichen Nachteile kompensieren konnte.

Zum Abschluss zwei Cases global agierender Traditionskonzernen
Beide Konzerne agieren vorwiegend introvertiert, orientieren sich an Zahlen und sind auffällig fühlend und eher schwach organisiert vom Charakter zu beschreiben. In beiden Unternehmen wurde der Charakter Index von Organisationen zur Analyse mit einer Stichprobe von 25 Mitarbeitern erhoben. Beide Organisationen können als Expertenorganisationen mit all ihren Vor- und Nachteilen bezeichnet werden.
So ist es nicht verwunderlich, dass sich um die Experten digitale Initiativen gegründet haben. Da beide Organisationen ihren Erfolg durch die Experten nachträglich durch Organizational Excellence Programme absichern wollen (Prozess-Initiativen), welche die Kosten, Qualität und Durchlaufzeit (Effizienz) optimieren, irritieren die neuen Initiativen. Man verfolgt eigentlich den Kurs sich von einer Expertenorganisation in Richtung einer perfekt organisierten Organisation zu entwickeln (Hauptrichtung eines dominant, sicherheitsorientierten Charakters). Die dezentral, eher chaotisch anmutenden Innovationsaktivitäten bestärken die Experten in ihrem alten (stimulaten) Geiste. Hinzu kommen Design Thinking und Agilitätsschulungen. Die Organisation verliert die Richtung und fängt wie vorher gesagt „hysterisches Kreisen“ an, wir von ihren eigenen Kräften an jeder produktiven Entwicklung verhindert.
Konzern Nummer 1 wählt die Strategie Schwächen kompensieren (OpenInnovation, OpenScience) und Neue Stärken stärken (Organisation einer Zukunftsfunktion durch Zusammenführung der notwendigen systemischen Kompetenz und passenden ROMI Idea2Market-Zukunftsprozess).
Der zweite Konzern organisiert ein globales Center of Practice, wo die notwendigen Strukturen und Handlungen in zahlreichen Streams gemeinsam analysiert werden. Jedoch kommen diese Ergebnisse nicht in die Anwendung, da die Experten sich selber erhalten wollen (die Summe der Firma ist die Summe seiner Experten-Teilorganisationen, nicht mehr). Der Experten-Charakter ist so dominant, dass alle professionellen zentralen Kompensationen ignoriert werden, sich die Organisation ohne nennenswerten Fortschritt um sich selber kreist.

Wir sehen an diesem Beispiel, dass ähnlich gelagerte Charakteren sehr unterschiedliche Verhaltensweisen an den Tag legen können. Dies ist abhängig von der Führung. Konzern 1 hat eine stärkere strategische Führung als dies Konzern 2 hat. Wiederum mit allen entsprechenden Vor- und Nachteilen. Während Konzern 1 es schafft eine gemeinsame Funktion zur Kompensation der Schwächen und zu neuer Stärke in kürzester Zeit zu installieren und damit produktiv Erfahrungen zu machen (in dieser Woche schreiben wir über das AO in der Transformation: Organisation Learning Organization) dreht Konzern 2 sich nur um sich selber und lernt nur, wie es nicht geht.
Die Charakter Analyse in Konzern 2 kündigte zudem an, dass dieser Charakter zwar sehr gnädig miteinander umgeht, in Krisen aber Sündenböcke gesucht werden, die dann als Mahnung für andere ans Kreuz geschlagen werden. Kein Wunder also, dass die Zukunftsfabrik des Konzerns in der Krise aufgelöst wurde. Der Charakter führt sich da es keine Kompensationskräfte gibt zurück zu seinem Sweet Spor. Im Bild zeigen die Pferde, dass sie die Kutsche und den Kutscher nicht wollen. Es wäre konsequent, wenn sich Konzern 2 um seine Pferde auflöst. Falls sich die geschäftliche Situation verschlechtert, ist dieser Konzern ein Übernahmekandidat für einen anderen Konzern, der die innovativen Ressourcen zu neuem Sinn mit passender Kommunikation ausrichten kann.
Wenn Menschen oder Organisationen untergehen entstehen sie oft neu, aber im alten Charakter.
Neurose

Heraklit hatte vor 2500 Jahren Recht. Unser Schicksal ist unser Charakter. Um uns aus diesem Schicksal zu befreien ist es erst einmal notwendig diesen nicht platt mit Kultur zu erklären, sondern zu beleuchten, wie wir durch was warum so agieren, wie wir agieren. Denn wenn sich die Welt wie heute ändert kommt es immer auf die Relation von uns zu dieser Umwelt an. Und dazu muss man nicht nur die Umwelt kennen, sondern sich genau so. Es kommt einzig auf die Relation an, besonders, wenn Grenzen sich auflösen, wie es die Digitalisierung aus ihrem Charakter heraus macht (Auflösung der doppelten Kontingenz).

ROMI hilft bei der Analyse des Charakters und der Transformation von Mensch und Organisation.

Transformation hat weit mehr mit dem Menschen und AO Psychologie zu tun als es uns bewusst ist. Doch selbst Großkonzerne sind oft überfordert, da Ihnen die Ressourcen und Erfahrungen fehlen. Die Digitalisierung überfordert nicht zufällig unsere CIOs, regelmäßig. Doch was lernen wir wie daraus? Dazu in den nächsten Tagen mehr

Der Charakter von Organisationen

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