„Dunkle Satire oder Terrorismus?“

Zum Thema „Warnhinweise und Skandalisierungen“

Die Kritik und Schmähungen an individuellen Verhaltensweisen von Personen und Gruppen scheint aktuell bedrohlich zu zunehmen. Statt sich mit diversen Entwicklungen konstruktiv auseinanderzusetzen, tragen leider die Medien auch teilweise zu einer Emotionalisierung und Skandalisierung bei. Im Sinne einer demokratischen Verhaltenskultur sollten wir jedoch eine harmonisierende Mäßigung und couragierte Verantwortungsübernahme im eigenen Verhalten erreichen. Meinung zu respektieren oder auszuhalten kann manchmal sehr schwierig und sehr emotional sein, jedoch im respektvollen Wettstreit der bestmöglichen Lösungen stellt es oftmals den einzig gewinnbringenden Weg für alle Parteien und vor allem für eine friedliche Zukunft dar.

Stellen sie sich vor, auf ihrem Smartphone blinkt ein Benachrichtigungssignal. Ein kleines grünes oder blaues blinkendes Licht, was auf eine wichtige oder unwichtige Information hinweisen kann. Sie schauen kurz auf ihr Smartphone und sehen, dass in einer WhatsApp-Gruppe, in der viele ihrer Kollegen, Bekannte oder Freunde sind, mal wieder jemand etwas gepostet hat. „Ohje, der wieder“, denken sie sich und verdrehen kurz die Augen. Was war das nochmal? Egal, irgendein Mist und die Aufmerksamkeit ist wieder weg. Manchmal belächeln sie diesen Mist und manchmal zweifeln sie, warum jemand so ein Mist postet. Wann ist eine Grenze erreicht und wann müssen Sie handeln?

Rein psychologisch und in Bezug auf aktuelle Ereignisse betrachtet, stellt sich die Frage: Warum bleibt jemand in einer solchen WhatsApp-Gruppe? Hierbei sollte man dringend die begleitenden Faktoren mitberücksichtigen, bevor eine pauschale Bewertung vorgenommen wird. Werden in diesen Messenger-Gruppen auch wichtige oder interessante Informationen mitgeteilt, wie Termine, Treffen oder besondere Ereignisse? Nun ja, das ist vorstellbar, oder nicht? Der Schritt eine Gruppe zu verlassen hat psychologisch betrachtet ein paar Konsequenzen, die man damit in Kauf nimmt. Man bekommt beispielsweise nicht mit, wenn etwas Interessantes oder Wichtiges mitgeteilt wird und man ist dann sozusagen danach „out oft the group“. Das sind zumindest kleine hemmende psychologische Faktoren, warum jemand in einer Gruppe bleibt, auch wenn es stumm und schlummernd oder manchmal sogar nervig ist.

Nicht nur die Briten haben einen schwarzen Humor, bei dem die Meisten oft mehr über die ethisch-moralischen Grenzüberschreitungen höhnisch zu lachen beginnen als über die komödiantische Darbietung selbst. In diesem Zusammenhang ist mir das Verhalten von Vielen noch in Erinnerung, als der Bestseller „Er ist wieder da“ erschien, der anschließend sogar erfolgreich verfilmt wurde.

Anderes Beispiel. Es ging glaube nicht nur mir so, als jüngst (2020) eine Kolumnistin in einer retrograd genannten Satire alle Polizisten sinngemäß als Müll bezeichnete, der zu beseitigen ist. Trotz dieser Verachtung gegenüber allen Polizisten, muss es doch einige gegeben haben, die diesen Beitrag ganz lustig fanden. Zumindest kam eine rechtliche Überprüfung zu dem Ergebnis, dass es sich hierbei um Satire handelt.

Mein Statement: Aus dem historischen Erbe heraus lehne ich nicht nur Nazis, Rassisten und sonstige Rechtsextreme zutiefst ab, sondern toleriere keinerlei Verharmlosung der scheußlichen Gräueltaten, die diese Verbrecher von 1933 bis heute begangen haben. Beispiel: Herbert Reul – Minister des Innern des Landes Nordrhein-Westfalen, zeigt einen notwendige und aus meiner Sicht richtige Verhaltensweise, als eine Chatgruppe der Kollegen an die Öffentlichkeit gelangte und die Inhalte eindeutig rassistisch, menschenverachtend und nicht hinnehmbar waren. Dass zumindest tolerierte Verhalten von den betroffenen Polizisten, die eigentlich die Garanten der Sicherheit eines Landes sein sollten, stellt eine sehr große Schande für die Polizei dar. Bei den hierzu eingeleiteten Ermittlungen wurden die Tatbestandsmerkmale überprüft und herausgefunden, welche Straftaten belastend zugrunde liegen. Das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen und Volksverhetzung sind Straftaten. Die bezugnehmenden Paragrafen 86a und 130 StGB beschreiben hierzu, dass eine Verurteilung nach diesen Paragrafen abhängig von der Erfüllung bestimmter Tatbestandsmerkmale ist. Letztendlich muss diese Klärung ein zuständiges Gericht herbeiführen, um anschließend auch feststellen zu können, was darüber hinaus vorliegen könnte. Beispielsweise könnte es sich um ein rechtsradikales Rekrutierungsnetzwerk handeln, bei dem einzelne Akteure aktiv versuchen, Behörden zu infiltrieren? Das zumindest ist eine These, dass die aktuelle Gruppierungen, wie die Reichsbürger- und Verschwörungsszene u. a. mit ähnlichen Strategien vorgeht, um ihren Einfluss in verschiedenen Ebenen zu vergrößern. Oder handelt es sich bereits um eine Art Schattenarmee, die sich im Verborgenen bereithält, um am Tag X die Regierung zu stürzen und selbst die Macht an sich zu reisen? Noch letzte Woche hätte ich für derartige Behauptungen Spot geerntet. Die aktuellen Ereignisse zeigen, dass alles kein Spaß mehr ist. 2012 war es nicht möglich, nachgewiesene versuchte und teilweise realisierte Infiltrierungen des Ku-Klux-Klan in Behörden zu sanktionieren. Hat man aus diesen Erfahrungen gelernt? Ja. Reicht dies aus? Nein. Warum? Weil meiner Einschätzung nach bislang keine mir bekannte effiziente Methode angewendet wird, um solche Entwicklungen rechtzeitig sichtbar und begrenzbar zu machen. Aber ich möchte das ändern, bzw. zur Unterstützung aufrufen.

Es gibt kaum eines extremistisches oder terroristisches Ereignis ohne vorherige feststellbare Entwicklungen, die von diversen Warnhinweisen begleitet werden. Diese Warnhinweise müssen erkannt und entsprechend den Entwicklungsphasen zugewiesen werden, um daran gemessen die notwendigen Entscheidungen treffen zu können. Um einen Schadenseintritt zu verhindern müssen die jeweiligen Intensitäten der Einflussfaktoren delektiert werden. Das ist der Grad der Polarisierung, die Separierung sowie die Geeignetheit. Also ist der Täter geeignet - hat alle notwendigen Fähigkeiten, um sein Ziel in die Tat umsetzen zu können. Oder die Geeignetheit des Opfers - ist im vorliegenden Fall, der Staat als Opfer geeignet, d.h. nicht ausreichend geschützt, um der Geeignetheit des Täters zu unterliegen. Am Ende muss auch der Ort und die Zeit betrachtet werden, inwieweit diese eine Geeignetheit darstellt. Wenn Sie diese Messgrößen in einem Zeitabschnitt betrachten, dann wird ihnen klar, was die wesentlichen Einflussfaktoren sind. Wenn diese erkannt werden, ist es fokussiert möglich an geeigneter Stelle zu intervenieren - mit der Absicht zu harmonisieren - für das gesellschaftliche Miteinander (Frieden). Darum geht es mir. Extremismus und Terrorismus stellt überwiegend eine Entwicklung dar, die größtenteils mit ganz kleinen nachvollziehbaren Handlungen beginnt. Seit fast dreißig Jahren arbeite ich privat an einer Methode, um als Ermittler, Analyst und Praktiker genau dies zu tun, solche Entwicklungen sichtbar zu machen. Auf eine sehr gefährliche Entwicklung möchte ich Sie noch hinweisen. Eine von mir sehr geschätzte Islamwissenschaftlerin sagte einmal zu mir „Wenn leichtradikalisierte Personen als Extremisten oder Terroristen bezeichnet werden, dann steigt die Wahrscheinlichkeit, dass diese es auch werden, enorm an.“. Meine gesamte Erfahrung auf diesem Gebiet kann diesen einen Satz einer sehr intelligenten Expertin zu 100% bestätigen. Die Bezeichnungen, Recht-, Linksextremer, Islamist, Nazi, Reichsbürger, Verschwörer, Terrorist scheinen eine steigende Präsenz in der Öffentlichkeit, in unserer Gesellschaft einzunehmen. Aber, ist es auch so, dass die Extremisten zunehmen? Warnung! Wenn wir so weiter machen, dann kann dieses Verhalten zu einer selbsterfüllenden Prophezeiung werden und jeder der sich daran beteiligt, trägt auch eine gewisse Mitverantwortung. Die Frage die vorangestellt werden sollte, ist: Was muss in Zeiten der rasenden Technologie unternommen werden, um ein ausgewogenes gesellschaftliches Miteinander zu bewahren u/o wieder zu erreichen?

Was ist überhaupt Extremismus oder ein Extremist, die Begriffe, mit denen aktuell sehr schnell gefeuert wird. Wo ist die Grenze zwischen tolerierbar und nicht hinnehmbar? Was passiert, wenn Menschen in Schubladen gesteckt werden, ohne das diesen Personen das bewusst ist. Was ist, wenn aus dem Nicht-Veganer oder Dieselfahrer ein Nazi wird. Ohne Witz, diese Art von Diskussionen wurden schon geführt. Schubladenpolitik. Kurz in eigenen Worten zusammengefasst, Extremismus richtet sich meist gegen eine aktuell vorherrschende Gesellschaftsform und wendet hierbei Gewalt an oder ruft mindestens dazu auf. Extremismus ist also zwingend mit Gewalt verbunden. Das ist wichtig für die Bewertung, um festzustellen mit welcher Entwicklung man es zu tun hat und in welchem Stadium sich diese Entwicklung befindet. Nach der von mir entwickelten Methode müssen Sie lediglich vier Phasen berücksichtigen, um festgestellte Warnhinweise richtig einordnen zu können:

  1. GRÜN: Radikalisierungsphase (Radar, dass Neue)
  2. GELB: Phase: „Gewalt als Option“ (Learn, das Befassen mit dem Neuen im eignen Weltbild)
  3. ROT: Planungs-, Vorbereitungsphase, Aggressivität (Preparation, Vorbereitung zur Umsetzung)
  4. SCHWARZ: Manipulations-, Tat-, Angriffs- und Schadensphase (Transformation, die Umsetzung)

Sie können den Ansatz verfolgen, indem Sie über eine auf Tatsachen basierende Zuordnung von Warnhinweisen die Entwicklung hin zu einem Schadenseintritt sichtbar machen, um eine Gefahrenentwicklung zu unterbrechen und den Eintritt der Gewalt zu verhindern.

Aus einer Messenger-Gruppe, wie widerwärtig auch die Inhalte sind, ein extremistisches Netzwerk auszurufen, bedingt zwingend die Feststellung von Tatsachen, die diese schwerwiegende Schlussfolgerung rechtfertigt. Liegen diese Tatsachen oder Warnhinweise nicht vor, dann muss die Bewertung, wie durch Minister Reul geschehen, mit vorliegenden Tatsachen begründet und gerechtfertigt werden. Aktuell sind diese bekannt gewordenen Inhalte eine Schande für die Polizei, das ist zweifelsfrei auch als solches zu bezeichnen. Inwiefern darüber hinaus Straftaten oder sogar extremistische Bestrebungen vorliegen muss ermittelt und darf nicht prophezeit werden. Minister Reuls Reaktion hat eine hohe präventive Wirkung, dass jeder Polizeibeamte sich seiner Verantwortung bewusst machen kann, dass solche Verhaltensweisen keine Bagatellen, sondern unvereinbar mit dem Polizeiberuf sind.

Abschließend zu diesem Thema sollte sich gerade in der aktuellen Entwicklung jeder bewusst machen, dass im Zeitalter des technischen Fortschrittes eine Menge Neues mitberücksichtigt werden muss. Wie bei Goethes Fausts Zauberlehrling muss sich hierbei jeder im Klaren sein, was es bedeutet, wenn jeder persönlich geteilter Gedanke sofort ohne Prüfung zu einer apokalyptischen Bewertung und öffentlichen Schmähung als Terrorist, Nazi, Islamist, Reichsbürger, Verschwörer oder Linksextremist oder Schlimmeres führt. Hierbei sollten Sie auch berücksichtigen, dass der Mensch sich immer weiter vernetzen wird und die Zukunft der Menschen daran gekoppelt ist, dass es eine Zukunft gibt, was dringende freie Überlegungen notwendig macht. Die Entwicklung der Bildung und Zukunft aller Menschen ist vergleichbar mit einem selbstlernenden Algorithmus aus dem zeitlich betrachtet nichts bleibt, wie es war.

Eine Veröffentlichung dieses Artikels ist erwünscht.

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