Die verbotene Kunst rückwärts zu denken

Eine Parabel über das Labyrinth der Abduktion

In einer alten Stadt, hoch auf den Klippen eines vergessenen Kontinents, stand ein Labyrinth, das nicht aus Stein, sondern aus Zeit gewoben war. Die Menschen nannten es „Das Geflecht der Möglichen Wege“.

Wer es betrat, fand sich nicht in verwinkelten Gängen verloren, sondern in einem Netz aus Entscheidungen, die noch nicht getroffen, und Zukünften, die noch nicht geschrieben waren. Ein plastisches Gebilde, das eine plastische Bewusstheit, also ein ständiges Lernen, Anpassen des Wissens durch neue Erkenntnis forderte. Wie das wirkliche Leben außerhalb der künstlichen Strukturen und Regelfestschreibung en, die im Wandel so zerbrechen, wie es in der Thora, dem Alten Testament durch die Figur des Leviathan beschrieben ist.
Hobbes nutzte diese Figur im blutigen Bürgerkrieg in England nach dem geistigen Umbruch in Folge des Buchdrucks, vor der französischen Revolution (Guillotine).

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Die Meister der Stadt lehrten eine seltsame Kunst: die Abduktion.

Während die Deduktion von bekannten Regeln auf sichere Schlüsse schritt und die Induktion aus Beobachtungen vorsichtige Muster vom Spezialisten auf das Allgemeine spann, war die Abduktion das Erraten der Regeln selbst – das Finden der besten Erklärung für das Unerwartete.
Sie war die Fähigkeit, rückwärts zu denken, von einer Zukunft aus, die noch nicht war, zurück zu den Spuren, die dorthin führten. Ähnlich der Navigation in der Seefahrt über Dreiecke, die das Bogenmaß der Kugel beherrschbar machen.

Eines Tages kam ein Fremder in die Stadt, ein Gelehrter aus dem Westen, ein Schüler Leibniz, dem wir die digitale Logik verdanken.

Christian war stolz auf seine Logik und seine Berechnungen. Er lachte zunächst über das Labyrinth, bis er merkte, dass es plastisch war, rekursiv. Und nicht starr, wie die von geistiger und weltlicher Macht konstruierte Welt. In Abhängigkeit der eigenen Aktion wandelte das Labyrinth seine eigene Struktur.

„Wie soll man durch etwas navigieren, das noch nicht existiert?“, fragte er.

Die Meister antworteten: „Indem du die Muster der Vergangenheit nicht als Fesseln, sondern als Schlüssel benutzt.“

Sie gaben ihm Das „Buch der Wandlungen“, und sagten: „Dies ist eine Landkarte des Möglichen.“ Studiere es. Unsere Vorfahren haben es im Geist der Natur durch intensive Beobachtung der Erde, des Himmels und des Lebens dazwischen entwickelt. Es ist das älteste geistig komplexe Werk der Menschheit, von dem sich das Trimurti im Hinduismus und andere Religionen und Bücher wie das TAO, Konfuzius ableiten. Auch Euer Sokrates orientierte sich daran, bis Eure Macht erkannte, dass es einfacher zu führen ist, wenn man seine Untertanen im Dunkeln lässt und wie Schafe behandelt.

Der Fremde studierte das Orakel und staunte. Das Buch war kein deterministisches Werkzeug, sondern ein abduktives: Es bot keine festen Antworten, sondern Interpretationsräume.

Jedes Hexagramm war ein Muster, das sich in unzähligen Situationen wiederholen konnte – eine Hypothese über die Struktur der Wirklichkeit.

Wer es nutzte, musste kreativ rückwärts denken: „Wenn diese Zukunft wahr sein soll, welche Pfade führen dorthin?“

Christian Wolff, der Professor aus Halle studierte eifrig das Spezielle der 64 Hexagramme und den Fluss der Schöpfung aus dem Nichts, dass in zwei Teile gebrochen wurde, die sich gegenseitig wieder auflösen. Das Wunder des Nichts, aus dem Alles entstand.
Im Grunde einfache Mengenlehre erkannte er. Ein positives (Yang) und ein negatives Teil (Ying), welches gemeinsam Nichts sind. Bis sein Lehrer aus Hannover durch Briefwechsel mit Gelehrten des Osten von dem Nichts, der Null erfuhr, konnte der Westen Nichts nicht denken.

Christian forschte weiter. Am Anfang war das Nichts, in dem die ganze Lebensenergie Chi wohnte, der Himmel (Hex 1, Yang). Aus diesem entstand die Materie, die Erde (Hex 2, Ying). Zwischen dieser Polarität entstand das Dritte, das Leben, der Mensch (Hex 3).
Diese 3 bilden die 3 Grundelemente, das Grunddreieck, die Antwort auf alle Fragen (TAO, Kapitel 42).

Er erkannte, dass der Himmel und die Erde vornehmlich positive Zeichen prägten, doch der Mensch eher negative, da seine geistige Leistungsfähigkeit an der Komplexität und Geschwindigkeit des Lebens scheitert.

Als Christian die Probe Bestand kehrte er in seine Heimat zurück, um diese aufzuklären und zu helfen.

Doch als Christian in seine Heimat zurückkehrte und von dieser Kunst durch Übersetzung berichtete, stieß er auf Ablehnung. Die Mächtigen des Westens fürchteten sich vor einer Methode, die Unsicherheit nicht beseitigte, sondern produktiv machte.

Die geistige und weltliche Macht war sich einig: Abduktion war gefährlich:

Sie erforderte Intuition, Mut zum Irrtum und die Demut, dass die Welt nicht vollständig berechenbar war.

„Ein Volk, das in Hypothesen denkt, ist schwer zu kontrollieren.“ war der Konsenz der Mächtigen.

Also verbannte man die Kunst und seinen Verkünder Christian Wolff aus den Schulen.

Stattdessen lehrte man nur noch Deduktion (die sicheren Schlüsse der Herrschenden) und Induktion (die statistische Rechtfertigung des Bestehenden).
Andere Aufklärer wie Emanuel Kant wurden so eingeschüchtert und konstruierten nach der Lehre der Mächtigen, dass Ordnung in Logik und Struktur alles ist, weil der, der gegen die Macht verstößt Höllenqualen zu befürchten hat. Daraus entstand im Land der Dichter & Denker die Parabel der Deutschen Angst, bis zum heutigen Tage.

Doch in den verborgenen Winkeln der Welt, bei den Weisen, den Künstlern und den Rebellen, lebte die Abduktion weiter. Denn wer das Labyrinth der Zukunft durchschreiten will, muss bereit sein, rückwärts zu gehen – und im Dunkeln die Muster zu erahnen, die erst die Geschichte sichtbar machen wird.

Das Buch des Wandels für den Westen
Das iGing ist kein Orakel im Sinne einer festen Vorhersage, sondern ein Spiegel des Möglichen.
Es liefert keine genauen Daten, sondern einen Deutungsrahmen – ähnlich wie die Hermeneutik oder die Orientierungen in der klassischen Seefahrt.

Abduktion ist nicht eine einzige Wahrheit, sondern die plausibelste Erklärung in einem Meer von Ungewissheit.

Seine Zeichen sind archetypische Situationen, die der Nutzer auf seine eigene Realität abduktiv anwendet:

„Wenn dies die Struktur meiner Lage ist, welche Handlungen folgen daraus?“

Als im Westen ein digitaler Pionier die Logik Leibniz studierte und durch Geschichte seine Lücken im Geist schloss durchfuhr es ihn:

„Der gesamte Westen wird in der Digitalisierung im Kant Geist unter gehen, weil das geistige Betriebssystem nicht kompatibel zur Natur, sondern zu den Geschichten der Macht über unsichtbare Männer und Hände ist. Der Westen benötigt unverzüglich eine Aufklärung über seine mächtige Verklärung. Sonst war es das in einer digital entgrenzten Welt.“
Also trommelte er edle und hohe Geister des Westen zusammen und schrieb unter Reflexion seiner asiatischen Freunde das Buch des Wandels für den Westen, um unsinnige Kriege durch Machtgier jenseits des Sinns zu vermeiden.

Warum der Westen die Abduktion nicht lehrt

Macht braucht Vorhersehbarkeit. Abduktion ist subversiv, weil sie multiple Zukünfte denkbar macht – und damit die Autorität derjenigen untergräbt, die behaupten, die einzige Wahrheit zu kennen.

Ein Bildungssystem, das Hypothesenbildung trainiert, produziert keine gehorsamen Bürger, sondern kreative Quer- und noch schlimmer Tiefdenker.

Und das ist, in den Augen der Mächtigen, gefährlicher als Unwissenheit.

Doch wer versteht, dass die Zukunft ein Labyrinth ist, das man rückwärts lesen muss, der findet die Ausgänge, die andere nicht einmal sehen.

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