Die entgrenzte Einheit

Gesellschaft im Zeitalter der Digitalisierung

Die Grundlinie der Sozialwissenschaften lautet: „Kommunikation ist Gesellschaft und Gesellschaft ist Kommunikation.“ Dieser Satz bringt auf den Punkt, dass unsere sozialen Strukturen, Kultur und Machtverhältnisse untrennbar mit den Formen und Medien verbunden sind, durch die wir uns austauschen.

Doch mit der Digitalisierung vollzieht sich eine radikale Entgrenzung dieser Kommunikation – ein Phänomen, das sowohl Fluch als auch Segen ist.

A. Das erste Medium ohne Raumbezug

Traditionell waren Kommunikation und Gesellschaft an konkreten Raum gebunden: Städte, Grenzen, Territorien. Mit der Digitalisierung jedoch ist das erste Medium entstanden, das Wort und Schrift – inklusive Verträge – ohne echten Raumbezug ermöglicht.

Grenzen werden fließend, nationale Souveränitäten erschüttert, und die Welt wird „entgrenzt“ im Sinne eines globalen, vernetzten Systems.
Das bringt ungeahnte Möglichkeiten, aber auch erhebliche Risiken mit sich.

B. Historische Parallelen: Medienwechsel und gesellschaftliche Verschiebungen

Geschichte zeigt, dass jede Medieninnovation gesellschaftliche Verschiebungen bewirkt hat. Der Buchdruck revolutionierte Wissen, die Elektrizität und Funktechnik ermöglichten globale Kommunikation und Kontrolle.

Hermann Hesses „Glasperlenspiel“ beschreibt eine Gesellschaft, die durch symbolische Spiele und kulturelle Verschiebungen geprägt ist.

Heute erleben wir eine ähnliche, wenn nicht noch tiefgreifendere Transformation: Die nationale Spiele – sprich, die festen Grenzen zwischen Ländern, Kulturen und Identitäten – werden chaotisch entgrenzt, wobei Machtstrukturen versuchen, die Kontrolle zu bewahren.

C Die Macht der Bewahrungsmacht

Dieses Chaos wird von einer „Bewahrungsmacht“ gesteuert, die durch die Angst vor Verlust ihrer Positionen getrieben ist. Sie erkennt die Entgrenzung als Gefahr, versucht sie durch neue Sinnkonstruktionen zu bändigen und zu kontrollieren.

Dabei werden Krieg, Drohungen und autoritäre Maßnahmen eingesetzt, um die alten Grenzen aufrechtzuerhalten. Diese Strategien sind nicht nur sinnlos, sondern auch undemokratisch: Individualinteressen werden über das Gemeinwohl gestellt, kollektive Sicherheit und Freiheit geraten in den Hintergrund.

D. Gesellschaftliche Verschiebungen und die Warnungen Giddens

Der Soziologe Anthony Giddens hat uns mehrfach vor den Konsequenzen dieser Entwicklung gewarnt. Mit seiner Strukturationstheorie zeigt er, wie soziale Strukturen durch menschliches Handeln geprägt werden – und umgekehrt. Er versöhnte den Geist der Pferdekutschenzeit in seiner Links-Rechts Unterscheidung im Geiste Hegels. Links und Rechts sind nicht absolut oder alternativ, sie sind die zwei Pole einer Gesellschaft, ihre #Vorbedingung. Handlung bestätigt Strukturen (oder wie gerade eben nicht mehr unbedingt), und Struktur gibt der Handlung eine soziale Richtung.
Doch wer würde darin in unserer Kant Geist Gesellschaft schon geschult?!

Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion und der damit verbundenen „Sinnimplosion“ prognostizierte Giddens, dass die moderne Gesellschaft entweder eine globale Demokratie schafft oder in oligarchische Dauerkriege verfällt, wie sie in George Orwells „1984“ beschrieben sind.

E. Die Gefahr des Raumverlusts – Einsteins Warnung

Albert Einstein warnte bereits, dass die Menschheit „verrückt“ wird, wenn ihr der Raumbezug verloren geht. Die sogenannte „Stockholmer Deutung“ besagt, dass ohne einen Bezug zum Raum – also ohne eine gemeinsame Welt – die Menschheit in ihren Konflikten und Polarisierungen zerfällt.

Der Verlust des Raumbezugs droht, die kollektive Orientierung zu verlieren, was in einer globalen Krise enden könnte.

F. Das soziale Geschenk der Digitalisierung für den Frieden

Angesichts dieser Herausforderungen liegt die entscheidende Frage auf dem Tisch: Wie können wir die Digitalisierung als soziales Geschenk für den Frieden auf der Welt nutzen? Hier einige Empfehlungen:

  1. Förderung globaler digitaler Plattformen für Dialog und Verständigung: Durch offene, inklusive und gerechte Kommunikation können Vorurteile abgebaut und kulturelle Verständigung gefördert werden.

  2. Stärkung demokratischer Strukturen auf globaler Ebene: Digitale Technologien sollten genutzt werden, um demokratische Teilhabe zu erweitern und die Stimme von Menschen weltweit zu stärken.

  3. Bildung und Medienkompetenz: Menschen müssen befähigt werden, digitale Medien kritisch zu nutzen, um Manipulationen und Propaganda zu erkennen und ihnen entgegenzuwirken.

  4. Etablierung globaler Rechtsrahmen: Um die digitalen Räume vor Missbrauch zu schützen und Menschenrechte zu sichern, braucht es internationale Abkommen und Institutionen. Derzeit beobachten wir, wie in den USA ein dt. Traditionskonzern durch induktives Recht zerstört wird, während US Konzerne die Welt mit Junkfood in Ruhe durch den deduktiven Rechtsrahmen weiter gesundheitlich nachhaltig schädigen.

  5. Bewahrung des Raumbezugs durch digitale Nachhaltigkeit: Es gilt, den digitalen Raum so zu gestalten, dass er den realen Raum ergänzt und schützt – etwa durch umweltgerechte Technologien und den Schutz der natürlichen Ressourcen.

G. Fazit: Die Chance für eine entgrenzte Gesellschaft

Die Digitalisierung bietet das Potenzial, die Welt zu einem Ort des Friedens, des Verständnisses und der Zusammenarbeit zu machen – vorausgesetzt, wir gestalten sie bewusst und verantwortungsvoll. Nur so können wir verhindern, dass der Raumbezug verloren geht und die Menschheit in ihre eigene Verrücktheit abdriftet. Es liegt an uns, die entgrenzte Einheit als Chance zu begreifen, um eine gerechtere, nachhaltige und friedliche Welt zu schaffen.

Wenn wir die Lehren aus Geschichte, Wissenschaft und Philosophie ernst nehmen, kann die Digitalisierung zum sozialen Geschenk werden, das Brücken baut, statt Mauern zu errichten. Letztlich entscheidet unser gemeinsames Handeln darüber, ob wir die entgrenzte Gesellschaft als Chance oder als Risiko erleben.

FUTUR III beschrieb in FUTUR III: Das Buch des Wandels für den Westen : Gräfen, Dieter, Jost-Hof, Herbert: Amazon.de: Bücher die geistige Vorbedingung. Kant ist nicht kompatibel mit einer digitalen Welt, er muss in seinem Schatten kompensiert werden.
Erst dann kann Schillers Vision „Alle Menschen werden Brüder“ Realität werden.
FUTUR III setzt sich dafür ein.